Stellungnahme des Vorsitzenden der SPD-Gemeinderatsfraktion Udo Rössler zum Haushaltsplan der Stadt Süßen am 20. November 2023:
Sehr geehrter Herr Bürgermeister Kersting, meine Damen und Herren unserer Stadtverwaltung, liebe Kolleginnen und Kollegen,
Zahlen lügen nicht, sagt der Volksmund. Das gilt auch für den Haushaltsplan, den wir heute beraten. Das Zahlenwerk offenbart: 2024 und die Folgejahre werden zu einer Belastungsprobe für unsere Stadt.
Schon das aktuelle Haushaltsjahr zeigt sich als Vorbote der gravierenden Haushaltsprobleme, die wir zu erwarten haben. 2023 werden wir voraussichtlich mit einem negativen ordentlichen Ergebnis von minus 1,2 Millionen Euro abschließen. Bei Einbringung des Haushalts plante die Kämmerei noch mit einem negativen ordentlichen Ergebnis von rund einer halben Million Euro. Die Herbststeuerschätzung verschlechtert die Erträge nochmals erheblich. Und wenn die Anträge der Fraktionen Erfolg haben, wird das ordentliche Ergebnis noch mehr ins Minus rutschen. Da helfen selbst Sparvorschläge nicht viel.
Im gesamten Finanzplanungszeitraum werden wir dann eine Serie sehr hoher, negativer Ergebnisse sehen. Die liquiden Mittel schmelzen wie das Eis in der Sonne und werden nicht ausreichen, um die Defizite auszugleichen. Bis 2027 plant die Verwaltung mit einer Kreditaufnahme in Höhe von 8 Mio. Euro, was die Verschuldung des Kernhaushalts massiv nach oben treiben wird.
Die Gründe für diese Entwicklung sind offensichtlich. Die Wucht der weltweisen Krisen haben Land und Kommunen in den letzten Jahren massiv unter Druck gesetzt. Die Corona-Pandemie, der Krieg in der Ukraine und jetzt in Palästina verursachen nicht nur großes menschliches Leid. Die Krisen schlagen sich auch in erheblichem Maße wirtschaftlich nieder. Deutschland steht am Rande einer Rezession, der Konsum lahmt und die Inflation bleibt hoch. Und die Krisen der Welt dringen bis in den Haushaltsplan einer Kleinstadt vor, der immer unkalkulierbarer wird, weil Steuereinnahmen ausfallen, Personal- und Sachaufwendungen nach oben gehen oder neue Aufgaben wie die Flüchtlingsunterbringung zu stemmen sind.
Die instabilen Einnahmen und wachsenden laufenden Ausnahmen im Ergebnishaushalt sind aber nur ein Teil des Problems. Es sind die Investitionen, die den Haushalt unter Stress setzen.
Die Baumaßnahmen werden in den nächsten vier Jahren ein Rekordniveau von mehr als 20,5 Mio. Euro erreichen. Und wenn man die Kostensteigerungen bei jeder Vergabe verfolgt, wird es dabei nicht bleiben. Wir freuen uns, dass der Neubau des Schulcampus in der Bizet Fortschritte macht. Wir stehen zu dieser „Jahrhundertinvestition“ in die Bildung, die lange und nach Prüfung aller Alternativen abgewogen und entschieden wurde. Dass die Kosten der Baumaßnahme im Schlussspurt nicht aus dem Ruder laufen, ist unsere gemeinsame Aufgabe.
Millionenbeträge werden auch in die Sanierung von Hallenbad und Bizethalle fließen, die für Schulen, insbesondere aber für den Vereinssport wichtig sind. Dass wir uns diese Investitionen in Krisenzeiten leisten, ist alles andere als selbstverständlich.
Auch mit der Ortsentwicklung soll es im kommenden Jahr los gehen. Gut so! Sie ist ein weiterer Investitionsschwerpunkt der kommenden Jahre. Der Umbau der Heidenheimer Straße ist für uns ein erster, wichtiger Schritt zur Verkehrsberuhigung in der Ortsmitte. Insbesondere der PKW-Verkehr hat dort wieder drastisch zugenommen. Wir wollen das Zentrum für Radfahrer und Fußgänger sicherer und attraktiver machen. Weniger Verkehr und Aufenthaltsqualität stärken auch Handel, Dienstleister und Gastronomie. Und auch wenn es manche nicht hören wollen: Parkplätze direkt vor der Ladentür sind sogar schlecht fürs Geschäft, wie eine Studie aus Aachen jüngst belegt hat. Einzelhandelsflächen werden wertvoller, wenn die die Straße vor dem Laden nicht völlig mit Autos zugestellt ist.
Wir haben beantragt, dass sich die Verwaltung zur Parkraumbewirtschaftung grundsätzlich Gedanken macht. Beim Parken und Halten vor Schulen und Geschäften, auf Geh- und Radwegen, herrscht zunehmend Anarchie. Das müssen wir in den Griff bekommen.
Meine Damen und Herren,
der Gemeinderat hat ein Radverkehrskonzept beschlossen und für die Umsetzung auch Haushaltsmittel eingestellt. Viele Einzelmaßnahmen können sofort und ohne viel Geld umgesetzt werden. Im kommenden Jahr wollen wir endlich spürbare Verbesserungen für Radfahrer sehen.
Die Wirtschaftskrise hinterlässt auch im Wohnungsbau ihre Spuren. Hohe Baukosten und Kreditzinsen rücken den Kauf einer Immobilie für immer mehr Bürger in weite Ferne. Der Einstieg in den letzten Bauabschnitt der Rabenwiesen V haben zur Finanzierung des Schulneubaus mitgetragen. Und mit unserem Antrag für eine verdichtete Bebauung auch Bauwilligen mit kleinerem Budget Chancen eröffnet. Dennoch: Wir können aktuell nicht sehen, wie diese Bauplätze 2024 Käufer finden und Geld in die Stadtkasse spülen sollen. Mehr Hoffnung setzen wir auf die Vorderen Hornwiesen, wo es gelingen muss, mit den geplanten Mehrfamilienhäusern Wohnraum zu schaffen, der für möglichst viele bezahlbar ist.
Die mehr als schwierige Haushaltslage und die Verpflichtung, die beschlossenen Mammut-Investitionen erfolgreich abzuschließen, zwingen uns auch Wünschenswertes zurückzustellen. Rund 60 Fragen hat unsere Fraktion zum Haushaltsplan eingereicht. Mit kostenträchtigen Anträgen haben wir uns bewusst zurückgehalten. Zumal wir die Erfahrung machen mussten, dass Haushaltsanträge zwar gestellt und beschlossen werden können, dies aber nicht bedeutet, dass sie auch umgesetzt werden. Dass es immer an Personal fehlt, lassen wir nicht immer gelten.
Wir wollen dennoch ein paar Impulse setzen. Zum Beispiel beim Klimaschutz, der Mangels Erfolgen vielleicht besser gleich dem Katastrophenschutz zugeordnet werden sollte. Nachdem unsere Fraktion bereits ein Starkregenmanagement auf den Weg gebracht hat, sollten wir uns jetzt auch gegen die immer öfter auftretenden Hitzeperioden wappnen. Ein sogenannter Hitzeaktionsplan, der kurz- bis langfristige Maßnahmen zum Gesundheitsschutz beschreibt, könnte dabei helfen. Das Land fördert die Umsetzung mit hohen Zuschüssen. Warum sollten schattenspendende Bäume und Trinkbrunnen, die wir an der Heidenheimer Straße ohnehin planen, nicht über den Hitzeaktionsplan mitfinanziert werden?
Wir freuen uns, dass die Verwaltung unserem Antrag folgen und über eine Verpackungssteuer auf Einwegverpackungen folgen will. Die Vermüllung unserer Stadt ärgert viele Bürger seit Jahren. Wir brauchen mehr Anreize zur Abfallvermeidung.
Uns ist sehr wohl bewusst, dass unsere Verwaltung in der Lage sein muss, klassische und viele neu hinzugekommene Aufgaben auch personell gut zu bewältigen. Das Organisationsgutachten, das mehr Stellen in der Kernverwaltung für notwendig hält, haben wir heute kritisch hinterfragt und werden dazu im Gemeinderat eine verantwortbare Lösung finden.
Kommunalpolitik lebt vom konstruktiven Miteinander, aber auch von Widerspruch und Kritik. Dass sie dies aushalten, dafür sind Ihnen, Herr Bürgermeister, den Amtsleiterinnen und Amtsleitern sowie alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung dankbar.
Danke auch den Kolleginnen und Kollegen im Gemeinderat für die gute Zusammenarbeit.
Krisen werden nicht verschwinden, sondern ständige Begleiter bleiben. Wenn das so ist, müssen wir unsere Widerstandskraft stärken. Wenn Unsicherheiten und Ängste unsere Demokratie gefährden, müssen wir Menschen Möglichkeiten bieten, selbst anzupacken und sich gegenseitig beizustehen.
Diese Möglichkeiten gibt es in unseren Vereinen und Kirchen, in Initiativen und Organisationen. Dort leisten unzählige Ehrenamtliche unverzichtbare Arbeit für unsere Gemeinschaft, geben Orientierung und leisten Hilfe. Sie sind es, die den Zusammenhalt stärken. Ihnen gilt auch heute unser besonderer Dank.